Ackerbohnen wiederentdecken und verarbeiten

Die Ackerbohne ist eine alte Kulturpflanze, die in der Schweiz noch als Tierfutter und zur Gründüngung angebaut wird. Ziel dieses Projekts ist, sie im Berggebiet wieder für die menschliche Ernährung anzubauen.

Susanna Ochsner

Beat Brechbühl / Franca Pedrazzetti

Kathrin Huber, FiBL

In Kürze
Die Ackerbohne stammt ursprünglich aus dem Orient und war seit dem 1. Jahrtausend vor Christus in der Schweiz weit verbreitet. Im Mittelalter war sie in ganz Mitteleuropa die wichtigste Hülsenfrucht für die menschliche Ernährung und diente zudem als Viehfutter. Ackerbohnen wurden in verschiedensten Formen verspiesen: Roh und ohne Schoten, wenn die Kerne noch grün und weich sind; gedörrt, geräuchert oder gemahlen als Brei und als Mischung mit Roggen und Gerstenmehl fürs Brotbacken.

Da die Ackerbohne als Hülsenfrucht viel Eiweiss enthält, war sie für hart arbeitende Menschen bis ins 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Europa eine wichtige Nahrungsquelle. Danach begann ihr Verschwinden. Sie wurde durch die Gartenbohne (Phaseolus Vulgaris) und die Kartoffel aus Mittel- und Südamerika verdrängt.

Bei den Projekten im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Erhaltung von Kulturpflanzen (NAP) wurden alte Schweizer Vorkommen von Ackerbohnen vermehrt und beschrieben mit dem Ziel, die alte Kulturpflanze wieder für die menschliche Ernährung anzubauen. In einer zweiten Projektphase wurden die Sorten im Berggebiet, von wo die erhaltenen Sorten meist stammen, in Handarbeit aufgebaut. In der dritten Projektphase geht nun der Anbau im Berggebiet auf grösserer Fläche in die vollständig maschinelle Bearbeitung über. Für den Bergackerbau bedeutet dies eine grosse Herausforderung, da der grossflächige Anbau dieser Kulturart im Berggebiet vollständig verschwunden ist.

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Neben der aktuell hauptsächlich verfolgten Sorte sollen weitere vermehrt werden. Der Aufbau bis zur produktionsfähigen und Ertrag abwerfenden Menge dauert drei bis vier Jahre. Hierfür sucht ProSpecieRara nach weiterer finanzieller Unterstützung.

Eine frosttolerante Bohnenart
In der Schweiz blieb der Anbau der Ackerbohne, die im Volksmund auch Puff-, Sau-, oder Pferdebohne genannt wird, vor allem im Bergackerbau länger erhalten, da die Anbaubedingungen dort für die neuen Arten nicht geeignet waren. Ackerbohnen haben eine relativ hohe Toleranz für Minusgrade, was sie für den Anbau in den Berggebieten prädestiniert. Als dann vor etwa 150 Jahren der Bergackerbau nach und nach zugunsten der Viehwirtschaft aufgegeben wurde, verschwand auch die Ackerbohne von den Feldern und fand noch Zuflucht in einigen wenigen Bauerngärten. Aus Gärten von Berggebieten stammen auch die meisten Vorkommen von Puffbohnen, die ProSpecieRara heute im Projekt vermehrt und beschreibt.

Auch aufgrund der hohen Blattlausanfälligkeit, die den Bohnen im Unterland zu schaffen macht, und bei gleichzeitiger Frosttoleranz bietet sich der Anbau der Ackerbohne im Berggebiet an. Als stickstofffixierende Leguminose könnte die Kulturart vor allem für den Biolandbau interessant sein. Ackerbohnen könnten somit interessante Nischen in der Produktion belegen, aber auch in der Verarbeitung.

Ziel des Projekts ist, den Aufbau von Saatgut soweit zu entwickeln, dass sich der Anbau auf einem Ertragsniveau einpendelt, bei dem der eigene Saatgutnachbau konstant gewährleistet ist. Aber die tiefe Vermehrungsrate der Puffbohne erlaubt erst nach jahrelanger Vermehrungsarbeit den Anbau auf grösserer Fläche.

Ein weiteres wichtiges Ziel ist, die Verarbeitung der Ackerbohne in der Küche zu erforschen und den Zugang zu ihr zu vereinfachen. Beispiele: Damit die Trockenbohnen nicht über Nacht in Wasser eingelegt werden müssen, könnten sie wie Reis geschliffen werden und so eine einfache und rasch gekochte Zutat bilden. Oder das früher für Brot genutzte Bohnenmehl könnte mit innovativen Rezepten wieder Verwendung finden. Dank der Zusammenarbeit mit einer Mühle für biologische Produkte (www.maismuehle.ch) können wir diese Idee weiterverfolgen.

Im Rahmen der Vorgängerprojekte seit 2011 wurden die vorhandenen Schweizer Ackerbohnen-Sorten morphologisch beschrieben und Saatgut vermehrt. Die aufwendige Saatgutvermehrung mit geringem Multiplikator pro Vermehrung erwies sich als grösste Herausforderung für die Nutzung von Ackerbohnen.

Stand des Projekts per Ende 2018:
Dank langjährigem Engagement des Sortengartens Erschmatt (VS) sowie des Betriebs Las Sorts in Filisur/GR, konnte die Saatgutmenge einer ausgewählten alten Ackerbohnensorte mittlerweile auf ca. 25 kg und einiger weiterer Sorten auf 5-10 kg aufgebaut werden. Weil die Produktion des Saatguts reine Handarbeit ist und auf kleinen Aussaatmengen beruht, sind die produzierten Saatgutmengen noch bescheiden.

Nach jahrelanger Handarbeit steht nun die maschinelle Pflege und Ernte einer Sorte auf grösserer Fläche im Bergackerbau in der Testphase.

Steckbrief

Förderung über Nutzung/Vermarktung
2015

Saatgutaufbau von raren Ackerbohnensorten, Wiederanbau im Bergackerbau, Zugang zur traditionellen Urbohne schaffen, Wiederentdeckung in der Küche und Entwicklung von geeignet verarbeiteten Produkten

Das Projekt wird mit Unterstützung des Bundesamtes für Landwirtschaft, durch Eigenleistungen von Landwirten und Partnerorganisationen sowie mit Spendengeldern finanziert

Die Saatgutmenge einer ausgewählten alten Ackerbohnensorte ist mittlerweile auf mehrere hundert Kilogramm aufgebaut. Nach jahrelanger Handarbeit bei Vermehrungen im Berggebiet, steht nun die maschinelle Pflege und Ernte im Bergackerbau sowie die Verarbeitung in der Mühle in der Testphase. Bereits helfen Spitzenköche, die Produkte zu testen.

Philipp Holzherr
Bereichsleiter Garten-, Acker- & Zierpflanzen
Telefon +41 61 545 99 23