Hühner halten und züchten
Hühner sind dankbare Zeitgenossen: Ein gut strukturierter, grosser Auslauf vorausgesetzt, machen die sympathischen Vögel nicht allzu viel Aufwand und liefern regelmässig frische Eier.
Für die einstigen Urwaldbewohner sind ein schützender Stall, erhöhte Sitzstangen und düster-heimelige Legenestern zentrale Wünsche. Beim Besatz des Stalles sollte man pro Quadratmeter Grundfläche mit maximal fünf Tieren rechnen. Bringt man unter den Sitzstangen ein Brett mit glatter Oberfläche an, lässt sich der nächtliche Kot alle paar Tage einfach entfernen, was der Stallluft zugute kommt. Permanent zugängliche Tränken und Futterautomaten machen den Stall zum Zentrum für die Herde. Pelletiertes, das heisst zu Granulat gepresstes Futter, kostet zwar etwas mehr, verringert aber den Futterverlust. Zusätzliche Körnergaben werden gerne angenommen und fördern die Beziehung zwischen Mensch und Tier.
Dschungelähnlicher Auslauf bevorzugt
Der Auslauf soll möglichst viel Struktur aufweisen und sowohl Schattenspender wie auch Sichtschutz enthalten. Ob Bäume, Sträucher oder ausgediente Sonnenschirme, die Hennen nehmen alle geschützten Plätzchen gerne an. Die Tiere geniessen aber durchaus auch gerne mal ein Sonnenbad. Schafft man einen trockenen, sandigen Platz mit Südsonne, kann das Sonnen- direkt mit dem Sandbad verbunden werden, mit dem die Hühner ihr Gefieder pflegen.
Ideal ist es, mit Dach und Drahtgitter einen trockenen Aussenklimabereich zu installieren, der etwa gleich gross ist wie die Stallinnenfläche. Hier können die Tiere jederzeit an die frische Luft gehen und gelangen von da aus auf die Wechselweiden. Mit diesem Wintergarten und dem Anlegen von Wechselweiden kann man der Grasnarbe in den verschiedenen Weiden abwechselnd eine Ruhepause gönnen oder bei sehr nasser Witterung den Weidegang reduzieren.
Achtung Überflieger
Für die Haltung kleinerer Herden eignen sich fixe Drahtgitterzäune. 1.20 m Höhe reicht für die schwereren Schweizerhühner und auch für die Appenzeller Barthühner. Für die flugfreudigen Appenzeller Spitzhauben sollten 1.5 m und mehr eingesetzt werden. Auf jeden Fall sollte der Zaun oben nicht mit Querlatten abgeschlossen werden. Sie würden den Hühnern sichtbare Anflugmöglichkeiten bieten, was ihnen das Ausbrechen erleichterte. Gibt es Greifvögel, ist ein horizontales Schutznetz empfehlenswert. Gegen Fuchs & Co. helfen batteriebetriebene Türpförtner, die anhand des Tageslichtes das Schiebertürchen zum Stall selbstständig öffnen und schliessen. Da Hühner bei Einbruch der Dunkelheit selbstständig in den Stall gehen, ist dieser automatische Pförtner eine wertvolle Investition, die einem auch ein verspätetes Heimkehren – und sonntägliches Ausschlafen ermöglicht.
Im Sommer können Rote Vogelmilben Sorgen bereiten. Diese Parasiten saugen den schlafenden Hühnern Blut ab. Tagsüber verkriechen sie sich unter die Sitzstange und bei stärkerem Befall in alle Ritzen des Stalles. Wollen die Hühner abends nicht in den Stall, sind oft die wartenden Milben der Grund dafür. Wer regelmässig die Unterseiten der Sitzstangen prüft sowie Ritzen und Spalten im Stall reduziert (z.B. die Täfelung mit beschichteten Holzplatten ersetzt oder bestehende Fugen auskittet) tut seinen Hennen Gutes.
«Ich hätte gerne seltene Hühner»
Das freut uns natürlich sehr. Vor dem Kauf ist es jedoch wichtig, dass Sie sich entscheiden, welchen Weg Sie dabei einschlagen möchten. Denn die Wahl der Tiere hängt auch davon ab, ob Sie «züchten», einfach «nur halten» oder vielleicht doch auch «Bruteier weitergeben» wollen.
Grundprinzip der Erhaltungszucht bei den gefährdeten Hühnerrassen
Für alle unserer Rassen, so auch für die drei Hühnerrassen, bestehen Zuchtbücher. In denen sind alle Tiere erfasst und es lässt sich feststellen, welche Linien wie stark vertreten sind und wie die Tiere untereinander verwandt sind. So kann die genetische Vielfalt innerhalb der Rasse gross und die Inzuchtproblematik klein gehalten werden.
Bei den Hühnern besteht jedoch das Problem, dass die Eier fast nie einer spezifischen Henne zugeordnet werden können. Deshalb muss für die Erfassung im Zuchtbuch ein Kompromiss gemacht werden. So besteht die Zuchtgruppe im Herdebuch aus einem Paar: das weibliche Tier setzt sich aus einer Anzahl Schwestern und das männliche Tier aus einem Hahn, resp. (bei grösseren Gruppen) aus mehreren Brüdern zusammen.
Konsequenzen
Werden zu einer bestehenden Zuchtgruppe Tiere zugekauft (Vergrösserung der Gruppe oder Ersatz von Tieren, die gestorben sind) muss darauf geachtet werden, dass es sich dabei um Geschwister der bestehenden Tieren handelt, d.h. die Ersatztiere müssen am gleichen Ort bezogen werden, wie die schon bestehenden. Keine Rolle spielt dabei das Alter der Tiere, d.h. eine Zuchtgruppe kann aus unterschiedlichen Jahrgängen bestehen, solange die Tiere pro Geschlecht dieselbe Abstammung haben. Können keine Schwestern mehr aufgetrieben werden, muss die Zuchtgruppe komplett aus neuen Tieren neu aufgebaut werden. Einzelne Hähne können jederzeit ersetzt werden, wenn die Genetik stimmt.
Wie kommt man zu Zuchttieren: Bruteier am einfachsten – Junghennen am schwierigsten
Wer selber brüten kann (mit eigenem oder geliehenem Brutapparat oder mit einer Glucke (Henne, die Eier ausbrüten will), hat nicht nur die Möglichkeit, das Wunder des Schlupfes zu bestaunen, sondern kommt auch am einfachsten zu seinen Tieren, denn bei den Bruteiern ist die Verfügbarkeit am grössten. Küken zu erhalten ist schon etwas schwieriger, da nur eine gewisse Anzahl Züchter*innen Küken abgeben können. Mit etwas Geduld, kommt man aber relativ gut zu Küken. Die Aufzucht von Junghennen braucht mehr Platz und Zeit, was der Grund dafür ist, dass das Angebot an vermittelbaren Junghennen beschränkt ist. Egal ob Bruteier, Küken oder Junghennen: Folgen Sie den Empfehlungen der Zuchtvereinigung für ursprüngliche Nutzgeflügel (ZUN), dann können Sie sicher sein, dass Sie Tiere aus dem Erhaltungsprojekt erhalten. Tiere können sie auch über www.tierische-raritaeten.ch suchen und finden.
Was | Verfügbarkeit | Kosten | Zu beachten |
---|---|---|---|
Bruteier | hoch | CHF 2 | Ca. 3 mal so viele Eier wie gewünschte Anzahl Hennen einlegen (unbefruchtete Eier, nicht geschlüpfte und männliche Küken einrechnen) |
Küken | mittel | CHF 9 | Etwas mehr als doppelt so viele Küken wie gewünschte Anzahl Hennen beziehen. Im Durchschnitt ist das Geschlechterverhältnis 1:1, aber schon leichte Verschiebungen davon ergeben z.B. von 12 Küken 7:5 oder 8:4. |
Junghennen | tief | je nach Alter | Sofern genügend Platz lieber 1-2 Tiere mehr anschaffen, damit pro Hahn nicht zu wenige Hennen sind (ideal nicht weniger als 5 Hennen pro Hahn) und damit die Zuchtgruppe auch nach Wegfallen von einzelnen Tieren noch eine gewisse Grösse hat. |
Brut und Aufzucht: gar nicht so schwer
Die Brut und Aufzucht von Küken ist gar nicht so schwer wie man sich das oft vorstellt. Wer sich informiert und überlegt vorgeht, entdeckt schnell, wie faszinierend der Kreislauf des Lebens bei den Hühnern ist. Weitere Informationen geben Fachbücher und das Internet. Die ZUN und ProSpecieRara bieten zudem jeweils im Frühling Fachkurse an (die Daten finden Sie in unserem Kalender). Gebrütet wird grundsätzlich im Frühling: Erst ab ca. Februar ist die Befruchtungsrate der Bruteier genügend hoch, es lohnt sich darum meist nicht, früher mit der Brut zu beginnen. Die letzten Küken sollten vor Mitte Juni geschlüpft sein, bevor die Tage bereits wieder kürzer werden, damit sie bis zur kalten Jahreszeit genügend Zeit haben, Masse zuzulegen.
Die Sache mit den Hähnen
Wer Bruteier oder Küken bezieht, kommt leichter zu seinen Tieren und kann durch die eigene Aufzucht ein engeres Verhältnis zu seinen Tieren aufbauen. Zu beachten dabei ist jedoch, dass dabei nicht alle Tiere in der Zuchtgruppe bleiben können. Das betrifft alle männlichen Tiere (also alle Brüder der Hennen) sowie evtl. auch Tiere, die aus anderen Gründen nicht in der Zucht bleiben können (z.B. wegen starken Abweichungen vom Rassestandard). Damit Hähne in andere Zuchtgruppen vermittelt werden können, müssen sie von eine*r Expert*in beurteilt werden, was durch die ZUN organisiert wird. Alle übrigen Tiere werden geschlachtet oder finden evtl. einen Platz ausserhalb des Erhaltungsprojekts.
Wie Sie mitmachen wollen ist Ihre Entscheidung
Die ZUN leistet eine grosse Arbeit hinter den Kulissen. Er organisiert die Bruten, registriert und beurteilt die Zuchttiere fürs Herdebuch, etc. Es ist daher nachvollziehbar, dass die ZUN bei der Tiervermittlung Interessenten bevorzugt, die eine Zuchtgruppe halten wollen und ihre Tiere im Zuchtbuch registrieren lassen.
Menschen, die nicht aktiv im Projekt mitmachen, leisten auch einen Beitrag, indem sie mit ihrer Tierhaltung auf die gefährdeten Rassen aufmerksam machen und indem sie z.B. auch Tieren ein Zuhause geben, die nicht in der Zucht eingesetzt werden können.
Motivation | Teilnahme im Projekt | Ich erhalte | Tier-Bezug |
Ich möchte Teil des Erhaltungsprojekts sein und eine Zuchtgruppe halten, die im Zuchtbuch registriert ist. | Ich werde ZUN-Mitglied. Ich beringe meine Tiere und melde sie dem Zuchtbuch. Ich kann Bruteier / Küken / Jungtiere abgeben. | ZUN: ProSpecieRara: | ZUN: tierische-raritäten.ch |
Ich möchte eine Gruppe Hühner halten mit oder ohne Hahn (keine Zuchtgruppe). | Ich werde ZUN Mitglied. (bitte beachten: es ist nicht selten, dass Leute zu einem späteren Zeitpunkt doch aktiver mitmachen wollen. Wir empfehlen darum in jedem Fall, die Tiere zu beringen) | ZUN: | ZUN: tierische-raritäten.ch |
Ich möchte eine Gruppe Hühner halten mit oder ohne Hahn (keine Zuchtgruppe). | Ich möchte nicht | ZUN: | ZUN: tierische-raritäten.ch Tierwelt-Inserate, etc. |
Weitere Informationen
Wenn Sie mit Ihrer Tierhaltung und -zucht Teil des Erhaltungsnetzwerks werden wollen, dann werden Sie am besten Mitglied bei der Zuchtvereinigung für ursprüngliches Nutzgeflügel ZUN. Diese bietet unter anderem auch Hilfestellung bei Fragen rund um die Haltung und Zucht der Tiere und kennt die Besonderheiten der entsprechenden Rassen.