Der 'Adersleber Kalvill' überwältigt mit seiner Süsse
Der 'Adersleber Kalvill' ist eine vorzügliche Allzwecksorte. Optimal ausgeprägte und reife Früchte verwöhnen mit nachhaltigem Gewürz und einer fast überwältigenden Süsse, in der die feinen Säuren vollendet eingebettet sind.
Seit 1830 ist diese wohlschmeckende Sorte verbreitet worden. Sie stammt aus Adersleben in Deutschland, wo sie im gleichnamigen Klostergut durch einen Gärtner namens Lichthardt als Kreuzung aus 'Weisser Winterkalvill’ und 'Gravensteiner’ gezogen worden war.
Der 'Adersleber Kalvill’ ist nur für milde Lagen und gute Böden zu empfehlen. Anfänglich ist der Wuchs stark, die guten Erträge lassen jedoch später nur noch eine mittlere Wuchskraft zu. Durch den eher breiten Wuchs bildet sich eine flachkugelige Krone. Die Blüte erscheint mittelfrüh, ist triploid. Somit ist es eine schlechte Befruchtersorte. Wenn die Ansprüche der Sorte erfüllt werden, trägt der Baum früh, reich und regelmässig. Für bestmögliche Geschmacksqualität sollten die Früchte nicht zu früh gepflückt werden. Der Pflückzeitpunkt ist je nach Jahreswitterung, Behang und örtlichen Gegebenheiten Mitte September bis Mitte Oktober. Die Schorfempfindlichkeit ist mittelstark, auch können Hautrisse entstehen. In manchen Jahren werden die grossen Äpfel stippig.
Die Frucht ist kelchwärts verjüngt, zeigt ein flachrippiges Fruchtrelief und eine weite und tiefe Stielgrube. Oft wird sie mit dem 'Boiken’ verwechselt, dem sie äusserlich etwas ähnelt. Typisch sind die eiförmigen, gestrichelten Kerne. Das Fruchtfleisch ist hellgelb, saftig, feinzellig. Die Textur ist anfänglich fest, später mürbe. Mit dem Verzehr sollte, zumal aus warmer Lage, nicht zu lange gewartet werden.
Der 'Adersleber Kalvill’ schmeckt sehr gut und aromatisch, ist zuckerreich und angenehm weinsäuerlich. Optimal ausgeprägte und reife Früchte verwöhnen mit nachhaltigem Gewürz und einer fast überwältigenden Süsse, in der die feinen Säuren vollendet eingebettet sind. Dieser vorzügliche Tafel- und Allzweckapfel kann aus frühen Lagen vom Baum genossen werden, erreicht sonst die Genussreife ab November. Unter optimalen Bedingungen und aus späteren Lagen hält er bis Ende März, verliert dann aber oft an Qualität.
Der 'Adersleber Kalvill’ ist eine vorzügliche alte Sorte, die heute nur noch ganz selten in Obstgärten zu finden ist. Er eignet sich für alle Verwendungszwecke und alle Baumformen. Somit ist er für den sonnigen Hausgarten eine gute Wahl.
Frits Brunner, Obstsortenkenner