Wir werden häufig gefragt, wie gross der Bestand einer Rasse sein muss, damit sie nicht mehr als gefährdet gilt. Die Faustregeln «100 weibliche Tiere = kritisch» und «1'000 weibliche Tiere = gefährdet» sind für die Beantwortung dieser Frage grobe Hilfen. Will man es jedoch genauer wissen, bringen sie uns nur wenig weiter.
Zum einen, weil dabei die Verwandtschaft der weiblichen Tiere nicht berücksichtigt wird. Die letzten 100 weiblichen Vertreter einer Rasse sind weniger stark gefährdet, wenn es viele Tiere unter ihnen hat, die wenig miteinander verwandt sind. Sind es mit 1'000 Weibchen zehnmal mehr Tiere, sind diese aber stark miteinander verwandt, dann steht es durchaus schlechter um deren Genpool.
Dazu kommt, dass die Beurteilung der Gefährdung über die Zahl der Weibchen eine Grösse ausklammert, die fast wichtiger ist, als die absoluten Tierzahlen. Und das ist das Verhältnis zwischen den Geschlechtern. Salopp gesagt nützen viele weiblich Zuchttiere wenig, wenn ihnen gegenüber nur sehr wenige Männchen stehen. Einerseits, weil es schwierig ist, in der Praxis alle männlichen Tiere optimal einzusetzen und andererseits, weil es mit wenigen Männchen und viel Weibchen zwar viele Nachkommen geben kann, diese aber alle über ihre gemeinsamen Väter miteinander verwandt sind und darum die Inzuchtraten zunehmen.
Effektive Populationsgrösse
Weil das Verhältnis von Männchen zu Weibchen wichtig ist, zählen bei der Beurteilung des Gefährdungsgrades also nicht nur die absoluten Tierzahlen, sondern auch das Verhältnis der Geschlechter. Man spricht dabei von der «effektiven Populationsgrösse Ne».