'Edelchrüsler' - fein, würzig und rotbackig
Er ist in einem Schweizer Gedicht festgehalten, was nicht wundert, denn der Apfel 'Edelchrüsler' ist nicht nur hübsch, sondern hat auch einen angenehmen Geschmack.
Der 'Edelchrüsler' war im 19. Jahrhundert im Baselbiet sehr verbreitet, ebenso im aargauischen Bezirk Rheinfelden, im badischen Wiesental und im benachbarten Elsass. Der erste Teil seines Namens zeigt, wie geschätzt der Apfel war und der zweite weist auf das Krauswerden der Blätter gegen Herbst hin. Der 'Edelchrüsler ist auch unter dem Namen 'Rümlicher Chrüslicher', 'Hebels Apfel', 'Rümmechrüüslicher' und 'Saurer Chrüslicher' bekannt. Wahrscheinlich stammt diese Apfelsorte ursprünglich aus Rümmlingen im Homburgertal, deshalb auch der Name 'Rümlicher Chrüslicher'. Der Name 'Hebels Apfel' erinnert daran, dass der Mundartdichter Johann Peter Hebel dieser Sorte in seinem Gedicht «Die Mutter am Christabend» eine Strophe gewidmet hat.
Jetzt Rümmechrüsliger här
die allerschönste wo-n-i ha!
s'isch nummen au kei Möseli dra.
Wär het sie schöner, wär?
Der 'Edelchrüsler' besticht durch angenehme Textur und erfrischenden, fein säuerlich würzigen Geschmack. Wer den Apfel kennt, weiss, warum sich die Sorte trotz Kleinfruchtigkeit seit über 200 Jahren hält. In Pfau-Schellenbergs Beschreibung von 1863 wird er als Wirtschaftsapfel erster Güte beschrieben. Somit eignet sich die Frucht vorzüglich zum Mosten, Backen und Kochen. Kenner schätzen den Apfel auch gedörrt. Der 'Edelchrüsler' wird erst im Dezember genussreif und hält darum, ohne zu schrumpfen, bis ins Frühjahr. Früher wurde die Lagerfähigkeit von Apfelsorten anders beurteilt als heute: Diese währte eben so lange, wie der Apfel geniessbar war. Heute endet sie mit dem beginnenden Abbau der sortentypischen Vorzüge.
Kleine Frucht mit roten Streifen
Der Baum des 'Edelchrüslers' zeigt mittelschwachen, aufstrebenden Wuchs, trägt viele Früchte, ist widerstandsfähig und kann alt werden. Die dichte, im Alter flache Krone, wird jedoch nur mittelgross. Die Sorte liebt nahrhafte Böden in geschützen Lagen. Die Blütezeit ist recht spät. Die mittelgrossen, unterseits weissfilzigen Blätter werden gegen den Herbst kraus, die ein- und zweijährigen Triebe sind braunrot, auf der Sonnenseite von einem gräulichen Silberhäufchen überzogen und die wenigen Punkte darauf sind länglich und wenig auffällig. Obwohl etwas ungleichhälftig, erscheint der Apfel sonst ganz regelmässig, nur um den Kelch finden sich Unebenheiten. In der seichten Kelchgrube sitzt der geschlossene, manchmal auch halboffene Kelch. Die grüne Grundfarbe der Fruchtschale wird im Lager schön gelb. Bei besonnten Früchten ist die Oberfläche bis zu zwei Dritteln mit freundlichen roten Streifen bedeckt. Die Schattenfrüchte hingegen sind nur stellenweise rot gestreift. Das weisse Fruchtfleisch ist feinkörnig und saftig, manchmal gegen die Schale schwach gerötet.
Zur Ehren der Obstsorte wurde in der Region Basel ein Verein namens «Edelchrüsler» gegründet. Er setzt sich für die Lebenderhaltung der heimischen Obstsorten auf Hochstämmen ein.
Frits Brunner, Obstsortenkenner