Wenn Rassen sterben, gehen Biodiversität und Kulturgut unwiderruflich verloren. ProSpecieRara wehrt sich darum dagegen. Seit der Gründung der Stiftung 1982 konnte der dramatische Rückgang der Schweizer Rassen gestoppt werden. Vorausgegangen war ein enormer Verlust an einheimischen Rassen. Vom Schwyzer Schaf, vom Berner Schwein, von der Juraziege und von unzähligen weiteren, lokalen Rassen und Schläge war kein einziges lebendiges Tier mehr zu finden.
Wie konnte es zu diesem breiten Aussterben der Schweizer Rassen kommen?
Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft während und nach den Weltkriegen herrschte Aufbruchstimmung. Die Tierhaltung und -zucht wurde moderner und mit der Verfügbarkeit immer besserer Futtermittel und Medikamente änderten sich die Anforderungen der Landwirte an ihre Tiere. Nicht mehr viele Höhenmeter sollten Kühe und Ziegen überwinden können und weniger hofeigenes Gras und Heu fressen, um ausgewogen und über viele Jahre Milch und Fleisch zu liefern. Vielmehr stieg die Nachfrage nach Viehrassen, die unter intensiven Haltungsbedingungen aus energiereichem Futter entweder viel Milch oder aber schnell viel Fleisch produzieren.
Die Tierzucht nahm diesen Trend auf und konzentrierte sich in der Folge auf wenige, für diese Bedürfnisse geeignete Rassen. Alle anderen Rassen wurden meist nicht aktiv bekämpft, sondern gerieten schlicht aufs Abstellgleis. Eine Ausnahme war die Rassenbereinigung 1938, bei der der Schweizerische Ziegenzuchtverband gezielt 8 Ziegenrassen in förderungswürdig und somit alle übrigen als nicht förderungswürdig einstufte (mehr dazu siehe Link).
Erst als sich Anfang der 1980er Jahre Aktivisten aus den Kreisen des WWF des sich im vollem Gange befindenden Rassensterbens bewusst wurden, entstand eine namhafte Gegenbewegung, die zur Gründung von ProSpecieRara führte. Viele Rassen waren dazumal bereits von der Bildfläche verschwunden, so dass auf der Liste «Lebende und ausgestorbene Nutztierrassen und -schläge der Schweiz» hinter vier Fünfteln der Einträge keine lebenden Tiere mehr stehen.
Viele Menschen sind sich dieses Umstandes nicht bewusst. Und sogar das vielleicht bekannteste Aussterben einer Schweizer Rasse – nämlich das der schwarz-weissen Freiburgerkuh – ist vielen unbekannt. Als wir uns 2008 auf die Suche nach noch lebenden Freiburgerkühe im Süden von Chile machten, waren wir überrascht, wie oft wir gefragt wurden, ob denn die Freiburgerkuh wirklich ausgestorben sei. Die moderne, ebenfalls schwarz-weisse Holsteinkuh hat die alte Freiburgerrasse komplett verdrängt. Ihre optische Ähnlichkeit führte gar dazu, dass sie heute von vielen Freiburgern für ihre alte Rasse gehalten wird.