Rare Kartoffelsorten erhalten und vermarkten

Die Kartoffel war in der Schweiz lange das Grundnahrungsmittel schlechthin. Alte Sorten bieten Eigenschaften und Aromen, die modernen Sorten abgehen. Sie sind heute wieder gefragt.

ProSpecieRara Kartoffelsorten
Kartoffel 'Blaue Odenwälder' mit Lichtkeimen
Kartoffel 'Blaue Zimmerli'
Kartoffeln im Bergackerbau
Kartoffelblüten in der Duplikatsammlung in Flawil/SG
Kartoffelblüte in Maran/GR
Bunte Kartoffelvielfalt

In Kürze
Die Kartoffel ist auch in der Schweiz ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Alte Sorten bieten ein enormes Potenzial an Sorteneigenschaften und Aromen, die modernen Sorten abgehen. Und man weiss nie, welche Anforderungen es in Zukunft zu bewältigen gilt. So könnte beispielsweise aufgrund des Klimawandels künftig eine wärmeliebende Kartoffelsorte gefragt sein.

Im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes (NAP) betreibt ProSpecieRara ein umfangreiches Projekt zur Erhaltung der ca. 60 Kartoffelsorten, welche für die Schweiz von Bedeutung sind und im Richtsortiment der Kartoffelbranche nicht mehr empfohlen werden. Das Projekt koordiniert zwei Sammlungen, welche Pflanzgut der alten Sorten unter kontrollierten Bedingungen erhalten und vermehren. Ausserdem werden die Kartoffelsorten auf Herz und Nieren geprüft, d.h. beschrieben, beobachtet und im Anbau getestet. Auf biologischen Betrieben wird Pflanzgut für die Praxis vermehrt.

Gönner*innen von ProSpecieRara finden Pflanzkartoffeln im Sortenfinder und können jeweils von Januar bis Mitte Februar ihre Wunschsorten bestellen. Dies für 20 Franken für 25 Knollen, inkl. Porto und Verpackung. An unseren Setzlingsmärkten im Mai gibt’s jeweils ebenfalls einige Sorten zu kaufen.

Am Landwirtschaftlichen Zentrum Flawil SG betreibt die sankt-gallische Saatzuchtgenossenschaft die Sammlung alter Kartoffelsorten unter streng kontrollierten Bedingungen. Ein Insektenschutznetz sorgt dafür, dass keine Blattläuse hinzufliegen, da diese pflanzliche Viren übertragen würden. So können die Sorten jährlich mit je ca. 100 Knollen in Top-Pflanzengesundheit erhalten werden.

Aufwendige Vermehrung, viel Handarbeit
Diese Knollen dienen als Ausgangsmaterial für die weiteren Vermehrungsschritte. Im ersten Jahr nochmals relativ geschützt, im zweiten Jahr bei Biolandwirten im Feld. Damit stehen jeweils ca. 100 kg Pflanzkartoffeln für die Speisekartoffel-Produktion zur Verfügung. Für grössere Mengen werden weitere Vermehrungsschritte dazwischen unternommen. Jeder Vermehrungsschritt bedingt viel Handarbeit und die Vermehrungsrate ist oft lediglich 1:4.

Mit dem Pflanzgutpreis alleine lässt sich darum der Aufwand der Landwirte und Partner nicht finanzieren. Darum unterstützt ProSpecieRara mit diesem Projekt diese aufwendige Arbeit.

Beachtliches Interesse seitens Gastronomie
Spannende Geschmacks- und Verwendungseigenschaften der Kartoffelvielfalt führten zu einem richtiggehenden Revival der alten Sorten in der Gastronomie. Es gibt schon viele Liebhaber*innen ganz bestimmter Kartoffelsorten. Ein Geheimtipp: Die ‘Röseler’ gilt unter Spitzenköchen als die beste Teigkartoffel. Die Aromen seltener Sorten kommen sogar in Kartoffelbränden zur Geltung. Die Vielfalt ist dabei der eigentliche Trumpf. Denn wenn eine Sorte in einem Jahr einmal nicht so gut gedeiht, wird die Minderernte oftmals durch bessere Resultate anderer Sorten kompensiert.

Eine Vielzahl an ProSpecieRara-Kartoffelsorten ist über www.bergkartoffeln.ch erhältlich. Dort finden sich auch Tipps und Tricks zu den Sorten für die Küche. Ebenso bietet Varietas einige ProSpecieRara-Sorten und weitere einzigartige Kartoffelraritäten an. Direkt erlebt werden kann die Vielfalt jeweils im Sommer in den Kartoffelschaugärten Flawil/SG und Maran/GR.

Dieses Projekt von ProSpecieRara wird im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen (NAP-PGREL) durch das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) unterstützt.

Sämtliche 60 erhaltenswerte Sorten sind abgesichert. Von ca. 40 spannenden Nischensorten konnten bisher 10 für eine regelmässige Pflanzgutverfügbarkeit aufgebaut werden. Der Aufbau von weiteren Nischensorten wird in den nächsten Jahren voran getrieben.

Steckbrief

Erhaltungsprojekt
2015

Erhaltung der Kartoffelsorten mit Bedeutung für die Schweiz. Unterstützung der Landwirte beim Aufbau von Pflanzgut der attraktivsten Nischensorten. Entwicklung eines Angebots von spannenden Kartoffelsorten für Konsument*innen im Handel und der Gastronomie.

Das Projekt wird mit Unterstützung des Bundesamtes für Landwirtschaft, durch Eigenleistungen von Landwirten und Partnerorganisationen und mit Spendengeldern finanziert.

Sämtliche 60 erhaltenswerte Sorten sind abgesichert. Von ca. 40 spannenden Nischensorten konnten bisher 10 für eine regelmässige Pflanzgutverfügbarkeit aufgebaut werden.

Philipp Holzherr
Bereichsleiter Garten-, Acker- & Zierpflanzen
Telefon +41 61 545 99 23