Der 'Usterapfel' - ein typischer Zürcher
Einst war der 'Usterapfel' die häufigste Sorte im Kanton Zürich. Noch heute ist er der beliebteste, bekannteste und auch der verbreitetste Süssapfel in der Schweiz.
Um 1750 soll er aus den Niederlanden von einem Herrn Blatter von der Burg in Uster, der als Offizier in den Niederlanden gedient hatte, eingeführt worden sein. Zuerst 'Blatter Apfel' genannt, wurde die Frucht in der Gegend von Uster bald unter dem noch heute gültigen Namen vermehrt und gehandelt. Oft kennt man diese Sorte jedoch nur unter Synonymen, von denen wir hier einige bekanntere aufführen: 'Ankebälleli', 'Goldapfel', 'Chnuppenapfel', 'Chridebüchsler', 'Winterthurapfel', und 'Schlatterapfel'.
Der Baum des Usterapfel gedeiht fast überall, am besten in sonniger Lage und in nahrhaftem Lehmboden bis auf knapp 700 Höhenmetern. Noch 1945 wird er im Buch «Apfelsorten der Schweiz» als Unterlage empfohlen. Anfänglich in die Höhe strebend, bildet der Baum später eine fast kugelige, buschige Krone. Die Jahrestriebe sind braun und mit grossen, spitzen Knospen besetzt. Die Blätter sind länglich, mittelgross, gegen Stiel und Spitze gleichmässig zugespitzt. Die Blüten öffnen sich spät und sind nicht witterungsempfindlich. Der Baum des 'Usterapfels' trägt vor allem im Alter sehr reichlich Früchte, ist aber stark der Alternanz unterworfen, das heisst, einem Tragjahr folgt ein Pausejahr. Dies ist auch ein Grund, weshalb man viele alte Sorten nicht mehr anbaut.
Die Früchte des 'Usterapfels' reifen im September und halten sich höchstens bis Neujahr. Ihre Form ist stumpfkegelförmig, stielbauchig, gegen den Kelch oft etwas eingeschnürt. Von der Kelchpartie laufen schmale, aber kräftige Rippen über den Apfel. Die weite Stielgrube ist tief und grobschuppig dunkel berostet. Die Haut ist wachsartig glatt, zuerst weissgelb, dann zitronengelb. Die hellrot verwaschene Deckfarbe ist spärlich vorhanden. Auf Grund seines typischen Aussehens und seines süssen Aromas ist der 'Usterapfel' eine Sorte, die auch heute noch wiedererkannt wird.
Weil Zucker früher teurer war, wurden Süssäpfel in der Küche vielseitig verwendet. Man genoss den «Zitrönler» meistens gekocht als «Schnitz», das heisst als Beilage, anstelle von Gemüse, zusammen mit Fleisch oder auch zum Nachtisch. In gedörrter Form konnte man den süssen Reichtum grosser Ernten lange lagern und sich bei Bedarf jederzeit aus dem Schnitztrog bedienen. Zusammen mit einer herbsauren Mostbirne vermischt ergibt der 'Usterapfel' einen vorzüglichen Most; die Scheidbirnensorte 'Marxenbirne' soll sich dafür besonders eignen. Wörtlich steht im Sachbuch «Schweizerische Obstsorten» von Pfau-Schellenberg aus dem Jahre 1863 dazu: «Sehr häufig wird er zur Verbesserung allzusauren Weinmostes verwendet, indem diese Mischung ein angenehmes, gesundes und haltbares Hausgetränk darstellt.»
Frits Brunner, Obstsortenkenner